Bleiern öffne ich meine Augenlieder und träge beginnen die Bilder zu fließen. Die Erinnerungen der letzten Tage flackern in unzuverlässigen Episoden auf. Was ist geschehen? Wo bin ich? Langsam beginnt sich die Welt wieder zusammen zu setzen, jedoch mit viel mehr Lücken und Verzögerungen als sonst. Ein nicht unerheblicher Teil meines Ichs ist damit beschäftigt, Lücken zu suchen, die an anderen Tagen wohl unbeachtet bleiben. Ein untrügliches Zeichen, dass die eine oder andere Entscheidung in der Vergangenheit nicht gesundheitsförderlich war.

Nicht ganz ungeübt in der Versorgung meiner Wehen und Leiden, plane ich zuerst die nächsten Schritte, bevor eine einzige Bewegung Schmerzen auslöst und ein Nachdenken verunmöglicht. Wie ist der kürzeste Weg zwischen den Stationen, die abgeklappert werden müssen? Gibt es Einschränkungen in der Reihenfolge? Welche Schritte sind essentiell, welche nur optional? Das alleine stellt unter den gegebenen Umständen eine steile Herausforderung dar. Denn bekanntlich ist die allgemeine Lösung ein offenes Problem.

Nun mache ich mich wie ein Handlungsreisender auf, der sich jedoch mehr nach dem Charakter Tod in Venedig anfühlt als der Kaufmann. So schlimm kann es dann doch nicht sein, wenn mir unter diesen Bedingungen solche Trivia durch den Kopf gehen. Unterwegs wird durch die Überreste nach und nach der Hergang der Ereignisse klar. Die Schuld ist nicht dem Eierlikör zu geben, zumindest nicht dem Destillatanteil darin. Es ist die unglaubliche Menge an Eiweiß, die mich in dieses Koma über die Feiertage gesetzt hat. – Die Sühne beginnt heute mit einem vegetarischen Hauptgang, ganz bestimmt! Aber wie bei dem klassischen Kater sind diese guten Vorsätze dahin, im Augenblick wie sich die Kühlschranktür öffnet.