Das Gericht ist mit Bedacht gewählt, die Zutaten waren schon alle zu Hause. Auch die Zubereitung erfolgte sorgfältig nach Rezept. Noch ist es aber nicht angerichtet, so schnell und so einfach geht das heutzutage nicht. Wer kann schon etwas essen, bevor es nicht fotografiert und auf mindestens einem Kanal geteilt wurde?

Also flutschen Beilagen und Hauptgericht nicht unbedacht auf einen beliebigen Teller, sondern es wird drapiert, gezupft, gestopft und geschnipselt. Einem Schönheitschirurgen gleich mache ich mich ans Werk, jede Imperfektion verschwinden zu lassen oder zu verstecken. Jede einzelne Nudel kommt mit Pinzette an den für sie vorgesehenen Ort, jeder Erdapfel wird von seiner besten Seite präsentiert. Die Karotten, frisch aus dem roten Rüben Saft kommend, besonders farbintensiv, damit sie sich auch gut im Bild machen. Die Erbsen sind lange im Wasser gequollen, um prall und rund zu werden, selbst wenn sie jetzt ein wenig wässrig schmecken.

Für die maximale Reichweite beim Publikum habe ich auch zwei Varianten vorbereitet, eine vegane mit Tofu in der Hauptrolle (kann getrost mehrfach wiederverwendet werden) und eine mit Fleisch. Bis das Licht richtig ist, und die Highlights mit Gelatine oder Aspik präpariert sind, ist das Essen zwar kalt, aber die Likes geben mir Recht, es ist eine wirklich tolle Mahlzeit und auch so schnell, wenn ich meiner eigenen Zeitangabe der Zubereitung glaube. Nach der Pflege der Reaktionen auf den Upload und dem Chat mit den Fans ist das Essen endgültig ungenießbar. Und so bin ich weiter auf digitaler Diät.