Still im Wohnzimmer findet ein Ringkampf statt. Ein lautloser Wettstreit. Auf der einen Seite, stolz auf dem Couchtisch aufgestellt, das Buch. Auf der anderen, schlaff halb vom Sofa hängend aber weich gebettet, ich, der Leser. Es ist ein langsames Ringen, die Stellungen haben sich seit Tagen nicht mehr verschoben. Kampfrichter gibt es keinen, der Fortschritt ist das Einzige, was zählt.

Ich möchte fair sein und gebe weder dem Autor, seinem Stil, noch dem Thema die Schuld. Es ist schließlich meine selbst gesteckte Aufgabe, den Gegner niederzuringen. Ich will es ja so! Nur, wie kann ich das am besten formulieren, steht meinem Gegner eine latente Hilfe zur Seite. Dieser sehr effektive Schildträger wehrt halbherzige Versuche meinerseits, über Seiten und Passagen einfach so hinwegzugehen, ab. Öfter werde ich von dieser Macht zurückgeworfen und muss einen Satz, manchmal auch einen ganzen Paragraphen von vorne angehen.

Dieser unheimlichen Kraft bin ich schon länger auf der Spur. Noch nie habe ich sie manifestiert gesehen, noch nie hat sie direkt in das Geschehen eingegriffen. Und so beschleicht mich der Verdacht, dass diese unsichtbare Hand gar nicht so invisibel sondern indivisibel von mir selbst ist. Ich, mein schlimmster Feind, wie ihn Nietzsche schon identifiziert hat. Daher stimme ich mit ihm ein: Das Fleisch ist willig, aber der Geist ist schwach!